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- Eine Bildergalerie von Olaf Gröpler -
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Am 2. Februar 2003 befuhr ein gecharterter Personenzug die Strecke zwischen Nampo (ca. 50 km südwestlich von Pyongyang) und Cholgwang. Diese verläuft u. a. auf dem Damm des Westmeerschleusensystems, welches die Aufgabe hat, die Mündung des Taedong vom offenen Meer zu trennen, um bei Flut ein Eindringen von Salzwasser in diesen zu verhindern, da sein (Süß-)Wasser zur Bewässerung der Reisfelder verwendet wird.
Aus nicht näher genannten Gründen (vielleicht wäre sonst die nationale Sicherheit gefährdet gewesen) war ein Zustieg in den Zug erst kurz vor dem genannten Damm vorgesehen. Dort trafen wir auf eine schicke Mikado mit der vermeintlichen Nummer 6088. Um die Zahl der Photostandpunkte zu erhöhen, bestiegen wir den Zug zunächst doch noch nicht, sondern
verfolgten
ihn erst einmal mit dem Bus.
Bevor es allerdings richtig losging, wurden am Abfahrtsort einige Meter Film belichtet. Neben dem Zug und seinem Begleitpersonal konnte auch eine Fahrradfahrerin vor der (ähnlich wie in China) seitlich abschlammenden Lok festgehalten werden.
Nach einigen Brennweitenwechseln wagte ich noch einen verbotenen
Schuß
aus der Hüfte bzw. mit der vor dem Bauch hängenden Kamera auf Wachposten und ihre Kaserne.
Auch von der Seite aus betrachtet war die Lok zumindest optisch ein Schmuckstück. Nach dem Blick durch das Führerhaus fallen die numerierten Achslagerdeckel auf. Irgendwann setzte sich der Zug dann tatsächlich in Bewegung, um sogleich einen Bahnübergang zu passieren, vor dem ein fahruntüchtiger tschechischer LIAZ offensichtlich schon mehrere Wochen auf Ersatzteile oder Diesel oder beides wartete.
Der Beginn des Dammes wird von zwei zierlichen Denkmälern flankiert, die unser Zug ehrfürchtig, aber problemlos passierte. An dieser Stelle fiel den photographierenden Reiseteilnehmern übrigens wohltuend auf, daß keine Videographen unter ihnen weilten ;-).
Hinter besagten Denkmälern fanden auf dem einige Kilometer langen Damm mehrere
Scheinanfahrten
statt (wie bei einer DMV-Sonderfahrt, aber der Reiseleiter hatte kein Megaphon zur Hand). Als geeigneter Photostandpunkt erwiesen sich die äußersten Schollen. Das ganze hatte allerdings einen erschreckenden Filmverbrauch zur Folge.
Zum Ende dieser Photosession kam unser Zug dann an einem Fahrrad vorbei, welches einem der häufig zu beobachtenden Eislochangler zu gehören schien.
Nachdem erst der Zug uns und dann wir ihn mit unserem Bus überholt hatten, waren Bilder über die zugefrorene Fahrrinne möglich (einmal mit 370 mm Brennweite, ein zweites mal mit 86 mm)
Schließlich nähert sich der Zug der Schleusenanlage und wir können einen Blick auf die Kaimauer des Oberbeckens der südlichen Schleuse werfen. Auch unmittelbar in der Nähe der Schleusen darf ein Denkmal nicht fehlen, unterhalb dessen der nördliche der beiden Kontrolltürme der Schleusen steht.
Nach dem Denkmal und dem ersten Kontrollturm passierte der Zug auch den zweiten und überquerte dabei das südliche Schleusenbecken. In Höhe dessen oberen Tores lag ein Patrouillenboot auf dem Land. Flußseitig war übrigens alles Wasser gefroren. Nach Verlassen der Schleusenanlage erreicht der Zug den Bahnhof Songwan, der unmittelbar am Meer liegt.
Über die Dächer von Songwan blickend sehen wir am Ufer wieder unseren Zug. Über den Dächern sind zwar Antennen, teilweise aus Fahrradfelgen gefertigt, zu sehen, aber keine Rauchwolken, obwohl nachts noch um die -10 °C herrschten und auch tagsüber die Temperaturen kaum über 0 °C lagen, wie das Eis am Ufer und auf den Flüssen zeigt.
Auf der Fahrt nach Cholgwang fuhr der Zug auch auf einer Brücke über einen uns unbekannt gebliebenen Fluß. Ein nachfolgender Halt in einen ebenso unbekannt gebliebenen Dorf führte zu einem Auflauf der Jugend desselben. Immerhin gab es hier die letzten Dampfwolken im Oktober des Vorjahres und davor herrschte ca. drei Jahre
Betriebsruhe
auf dieser Strecke. An dieser Stelle bestiegen wir dann den Zug doch noch, um nach wenigen Minuten unseren Zielbahnhof zu erreichen.
In Cholgwang gab es - gemessen an der Verkehrsdichte - beeindruckend viele Telegraphendrähte. Hier konnten wir in Ruhe auch das Lokschild unserer Mikado inspizieren, welches sich bei genauem Hinschauen als gutgemachte Fälschung entpuppte; unsere Lok hieß eigentlich 6083. Was die Nordkoreaner zu dieser Nummernänderung bewogen haben mag, haben sie uns nicht verraten.
Viel Zeit, darüber zu sinnieren, blieb uns nicht, denn die Lok war vom Zug abgekuppelt worden, um ins Bw zu fahren. Die Bahnhofsschilder sind den chinesischen ähnlich, allerdings fehlt die lateinische Transskription des Ortsnamens; wahrscheinlich um die per Zug einreisenden amerikanischen Invasionstruppen in die Irre zuleiten. Kurz bevor uns JF
6
6083 alias 6088 verließ, tauchte im Hintergrund die
Schmalspurlok
der gewesenen Erzbahn auf.
Ein Gang durch das Bw wurde uns zunächst leider verwehrt. So bleibt es bei einem sehnsüchtigen Blick über die Mauer, hinter der eine weitere Normalspurlok erspäht werden konnte. Davor lagen verrostete Rahmen von Schmalspurwagen. Beim Schlendern über den Bahnhof fiel ein vierachsiger Flachwagen auf, der früher durchaus ein E-Wagen gewesen sein könnte. Die im Bild zu sehenden jungen Revolutionäre wurden unmittelbar nach der Aufnahme vom rührigen Mr.
No!
verscheucht. Das interessante an diesem Wagen waren allerdings die fehlenden Achslager des linken Drehgestells. Gegen Mittag ließ sich dann unser Begleitpersonal auf Zelluloid verewigen. Auf der roten Gedenktafel ist übrigens vermerkt, daß in diesem Wagen einst der Große Führer gepupst hat (oder so ähnlich).
Versorgt wurden wir im mitgeführten Speisewagen aus der nordkoreanischen Nierentischära. Darin passen der Große und der Geliebte Führer auf, daß nichts übrig bleibt. Für das extra zu bezahlende, trotzdem überaus leckere und jederzeit empfehlenswerte Schwarzbier kann dies auch bestätigt werden. In den Speisewagen zu kommen, war zumindest während der Fahrt nicht ganz ungefährlich, denn es fehlten Übergangsbleche und die Gummiwülste waren durch Autoreifen ersetzt worden. Auf dem Achslagerdeckel stach dann die Jahreszahl 1993 ins Auge.
Nach dem Mittagessen verließ die Lok das Bw Cholgwang und begegnete einem jungen Wasserträger. Der Ort Cholgwang erstreckt sich bis an den Fuß eines kahlen Hügels. Beim Umsetzen der Lok kam dann das dreiflüglige Einfahrsignal und die nicht mehr vorhandene Telegraphenleitung in den Blick.
Faszinierend war, daß, obwohl im Umkreis von mindestens 50 km kein anderes Normalspurfahrzeug in Bewegung war, das betriebliche Regelwerk offensichtlich präzise eingehalten wurde, wie hier z. B. der Rangierer mit seinen Flaggen auf der Lok zeigt. Wie dem auch sei, unsere Lok stand kurz darauf mTv am Zug. Danach konnten die Einheimischen wieder ungefährdet die Gleise queren, sei es mit einem Fahrrad oder den unvermeidlichen Wassereimern.
Wann vor der
Halt für Reisezug
gebietenden Tafel das letzte Mal ein regulärer Zug gehalten hat, wissen wir nicht genau. In jedem Fall sollte am 2. Februar 2003 ein Zug aus diesem Gleis in Richtung Nampo fahren. Als dies dann schließlich geschah, wurde dieser von Einheimischen etwas skeptisch beobachtet. Die Reisenden beobachteten dagegen den excelenten Oberbau, welcher durchaus eine Geschwindigkeit von 10 km/h zulies, die gelegentlich sogar überschritten wurde. Im Bf. Songwan erfolgte dann auf Wunsch einiger Reiseteilnehmer ein von der Reiseleitung ursprünglich nicht geplant gewesener Zwischenhalt.
Da gelegentlich doch die klassische Aufnahmeposition
schräg von vorn mit Sonne im Rücken
gewünscht wird, setzte unsere Mikado auf das Nachbargleis um. Derweil waren die Reiseteilnehmer ob des bisher Erlebten völlig enthemmt und hatten den zu jeder ordentlichen
FarRail
-Reise gehörenden erhöhten Photostandpunkt erklommen, um von dort zu beobachten, wie das Personal nach der Lok und der Große Führer in die weite Welt schaut.
Was sich das örtliche Personal in Anbetracht Szenen gedacht haben mag, wissen wir nicht. Irgendwann war der Spuk zu Ende und unsere Lok machte sich auf, um wieder an den Zug zu setzen. Als sie am Bahnhofsschild von Songwan vorbeifuhr, ahnten die aus der Ferne Angereisten noch nicht, daß das Reiseprogramm am Folgetag eine geringfügige Änderung erfahren würde.
Die Änderung bestand darin, daß wir doch noch das Bw Cholgwang besuchen durften; na ja teilweise zumindest: die Lokschuppen blieben verschlossen, der Hinterhof mit seinen streng geheimen Loks verbotenes Gebiet. Als dann auch noch der
Schmalspurzug
ein zweites Mal auftauchte, konnte man es aber verschmerzen, daß der geplante Güterzug an diesem Tage ausfallen mußte, da die dafür vorgesehene JF
6
608
3
einen Defekt hatte und die 608
8
nicht mehr verfügbar war.
Am letzte Tag unserer Reise konnten wir auf der Rückfahrt von Pyongyang nach Peking einige Blicke auf die abgestellte 6336 werfen. Dagegen hielten sich die 424'er, OL 49 usw. noch versteckt...
letzte Änderung am 18.01.2004
© für alle Bilder bei Olaf Gröpler (E-Mail:
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